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Elektronischer Rundbrief Nr. 29/2010, 22.12.2010
Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de
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Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de

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Inhalt:
1. Demonstration in Berlin „Wir haben es satt!“ am 22. 1. 2011, 12 Uhr, Hauptbahnhof
2. „Bürgerarbeit“ ein Aufruf sich an einer Recherche von Unten zu beteiligen!
3. Eine Gruppe stellt sich vor SGB2Dialog – Offenbach
4. Wir wehren uns gegen staatliche Zensurversuche!

Vorwort:

Das ErwerbslosenaktivistInnen nicht über den Tellerrand schauen und globale soziale Rechte nicht zum Thema haben stimmt nicht, deshalb im Anhang ein Aufruf von Erwerbslosen zur Beteiligung an der Demo am 22.1.2011 in Berlin.

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1. Das Erwerbslosenbündnis „Krach schlagen statt Kohldampf schieben“ ruft auf zur Demonstration in Berlin „Wir haben es satt!“ am 22. 1. 2011, 12 Uhr, Hauptbahnhof

Wir schlagen Euch vor, zusammen am 22. 01. in Berlin zu demonstrieren. Dort demonstrieren unter dem Motto ?Wir haben es satt? Landwirte, Umweltschützer und Verbraucher gegen Agrarindustrie, Dumping-Exporte und Massentierhaltung. Zahlreiche Verbände rufen dazu auf. Wir wollen diesen Protest unterstützen und ergänzen, was notwendig zu ergänzen ist: unsere Forderung ?Mindestens 80 Euro mehr für Ernährung?. Wir wollen dort in einem großen Erwerbslosenblock Krach schlagen, Flugblätter verteilen, darstellen und diskutieren, was das Gemeinsame ist in den Interessen von Erwerbslosen, Beschäftigten, Landwirten, Umweltschützern und Gentechnikkritikern und mit allen anderen streiten für eine bessere Welt, faire Einkommen und fairen Handel.
Mit unserer Beteiligung an dieser Demo könnten wir bereits während der Mobilisierung in die Auseinandersetzung um die neuen Regelsätze mit einer weiteren Facette in unserem Sinne eingreifen und einen praktischen Beitrag für das Wachsen eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses für eine bessere, faire Welt leisten.
Wir wissen, dass es den aktuellen politischen Streit um Hartz IV nicht gegeben hätte ohne unsere politischen Aktionen und Kritik an unzureichenden Regelsätzen, Mangelernährung, fehlenden Ausbildungs- und Teilhabekosten von Kindern, fehlenden Leistungen für Sonderbedarfe, und auch nicht ohne unseren rechtlichen Widerstand, den einige tapfere Alg-II-Beziehende bis vor das Bundesverfassungsgericht getrieben haben.
Was wir auch wissen ist, dass wir Erwerbslose und unsere Zusammenschlüsse weiter gefordert sind, Druck aufzubauen. Die aktuelle Verarmungspolitik ist glaubhaft kaum mehr zu rechtfertigen. Das haben wir zusammen am 10. 10. 2010 in Oldenburg eindrucksvoll demonstriert und ein Glanzlicht in den „heißen Herbst gegen Sozialabbau“ gesetzt.
Zu wenig Hartz IV ist schlecht für alle“, war eine unserer wichtigsten Losungen. Wir forderten nicht nur mindestens 80 Euro zusätzlich zur Regelleistung allein schon für Lebensmittel. Vielmehr begründeten wir unsere Forderung nach deutlich höheren Regelleistungen auch mit dem Ziel, die fatale gesellschaftliche Abwärtsspirale aus sinkenden Einkommen, wachsender Nachfrage nach Billigstprodukten z. B. für Ernährung und Bekleidung, immer größerer Marktmacht der Discounter, sinkenden Erzeugerpreisen und immer weiter sinkenden Sozialleistungen stoppen zu wollen.
Diese Abwärtsspirale ist Sinnbild des politischen und wirtschaftlichen Zusammenhanges von Niedrigstlöhnen, Unterversorgung und Ausgrenzung durch Hartz IV, Agrarindustrie und Höfesterben, Raubbau an Mensch und Natur, Tierfabriken, Güllelasten, Gensaatgut und gentechnisch veränderten Lebensmitteln ?

Diese Abwärtsspirale nutzt den wenigsten und schadet den meisten: Arbeitnehmern, Erwerbslosen, Einkommensarmen, Verbrauchern, Landwirten und -arbeiterInnen in der ganzen Welt. Gegen diese Abwärtsspirale mit all ihren Facetten sollten alle zusammen kämpfen, die daran etwas auszusetzen haben.
Wir selbst erleben die Abwärtsspirale in Form von sinkenden Einkommen und Löhnen. Für andere besteht sie aus

Zerstörung von regionaler, bäuerlicher Landwirtschaft und Umwelt, Massentierhaltung, Dumping-Exporte von Lebensmitteln, Zentralisierung des Saatgutes und dessen gentechnische Zurichtung gehen Hand in Hand mit unserer Verarmung, gehören zusammen wie die beiden Seiten einer Münze.
Wie zum Hohn wird diese Politik und Entwicklung mit der „Bekämpfung des Welthungers“ begründet, mit der angeblichen Notwendigkeit zur Herstellung kostengünstigster Nahrungsmittel. Das ist Hohn pur, denn erst wird die Landbevölkerung in die großen Ballungsräume und Mega-Citys vertrieben, werden Löhne und Sozialeinkommen weltweit immer weiter gedrückt und dann sollen wir MONSANTO, BAYER, Merkel, von der Leyen und Aigner (das ist die „Landwirtschaftsministerin“) noch dafür danken, dass es für uns bei den Discountern die Billigstangebote gibt.
Und was wir nicht vergessen: die geschilderte Abwärtsspirale wurde mit den Hartz-Gesetzen politisch radikal vorangetrieben. Sie kann durch die politischen Entscheidungen gestoppt werden, für die wir kämpfen: deutlich höhere Sozialeinkommen, anständige Löhne und Mindestlohn, aber auch eine ganz andere Landwirtschaftspolitik, die den Produzenten auskömmliche Einkommen sichert statt eine noch überwiegend regionale Landwirtschaft zur Agroindustrie zu machen.

ALSO Oldenburg
Inhalt

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2. „Bürgerarbeit“ ein Aufruf sich an einer Recherche von Unten zu beteiligen!

Zurzeit ist der geplante Bundesarbeitsdienst, in der Öffentlichkeit auch mit dem verschleiernden Wort Bürgerarbeit bezeichnet, leider durch die Debatte über die Regelsätze etwas aus dem Fokus geraten. Nichts desto trotz ist die Aktivierungsphase schon angelaufen und die ersten Arbeitsdienste werden wohl zu Beginn des neuen Jahres eingerichtet werden.
Dabei steht jetzt schon fest, dass die allermeisten Diensttuenden bei der ARGE aufstocken müssen. Auch bleibt man weiter im Zugriff der ARGE. Es müssen weiter Eingliederungsvereinbarungen abgeschlossen werden, man behält seinen Betreuer, es müssen weiter Bewerbungsbemühungen nachgewiesen werden und man kann weiter sanktioniert werden. Also das volle Programm, nur mit dem Unterschied, dass man fast einen versicherungspflichtigen Job ausübt.
Nun ist die erste Zusage bei den Bedingungen, dass nämlich nach Tarif bezahlt werden muss, vom BMAS zurückgezogen worden. Deshalb ist es sehr zweifelhaft, ob auch alle anderen Bedingungen eingehalten werden, zumal dass bei den 1-Euro-Jobs und beim Kommunal-Kombi auch nicht der Fall war. Die 1-Euro-Jobs haben massenweise reguläre Arbeitsplätze verdrängt und waren, oder sind es auch noch, in der Summe nicht zusätzlich. Kommunal-Kombi sollte über drei Jahre gehen und im Schnitt mit 1200 Euro Brutto entlohnt werden.
Diese Bedingungen sind aber nie eingehalten worden. In einer Kreistagssitzung des Landkreises Zwickauer Land hat der Landrat, Herr Scheurer, die Empfehlung an die Kommunen gegeben, aus arbeitsrechtlichen Gründen keine Arbeitsverträge für 3 Jahre abzuschließen. Aus diesen Erfahrungen heraus kann man mit ruhigem Gewissen vermuten, dass es diesmal auch so kommen wird und die Bedingungen zu Ungunsten der Diensttuenden abgeändert werden.
Um die Sache kritisch zu begleiten und die Missstände anprangern zu können, aber auch dagegen vorgehen zu können, brauchen wir angehende ArbeitsdienstlerInnen, die uns berichten, wie sie eingesetzt und wie mit ihnen umgegangen wird. Dies betrifft dringend auch schon die Aktivierungsphase. Selbstverständlich bleiben die Informationen auf Wunsch auch anonym. Darüber hinaus können wir natürlich auch bei Problemen mit dem Träger weiterhelfen. Bitte beteiligen Euch zahlreich, um im Interesse aller, die Ausbeutung stoppen zu können und für gerechte und menschenwürdige Entlohnung und Bedingungen sorgen zu können. Bei Interesse zu den unten stehenden Leuten Kontakt aufnehmen:
Monika Madaus (monika.madaus (at) t-online.de)
Andreas Pianski (a.pianski (at) t-online.de) und
Michael Wengorz (wmwhallesaale (at) nojobfm.de)
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3. Eine Gruppe stellt sich vor

In Offenbach fand am 6. Dezember die zweite Verlosung von Lebensmitteln statt. 150 Menschen wurden so angesprochen. Hiermit war die Aufforderung an das zuständige JobCenter, (MainArbeit), verbunden, alle EmpfängerInnen von SGB-II- und SGB-XII-Leistungen mit einer Weihnachts- bzw. Dezemberzulage zu versehen, insgesamt keine Leistungen zu kürzen, keine Sanktionen zu verhängen, keine Schikanen auszuüben und ständig einen höheren Regelsatz auszuzahlen.
Gleichzeitig machte die Initiative „SGB2Dialog“ auf ihre Arbeit aufmerksam, die Beratung und Begleitung, die wöchentlichen Gruppengespräche sowie ihre politische Arbeit. Die Initiative wird in nächster Zeit intensiv auf die mangelnden Regelleistungen hinweisen sowie Bundes- und Landtagsabgeordnete darauf aufmerksam machen. Sie wird auch mit diesem Thema in den kommenden hessischen Kommunalwahlkampf eingreifen.

Bericht von Hinrich Garms
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4. Wir wehren uns gegen staatliche Zensurversuche!

Solidaritätsaufruf der Initiative „unzensiert-lesen“ (November 2010):
Seit 2009 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen drei Berliner Buchhandlungen und Gemischtwarenläden. Die Geschäftsräume von 'oh 21', 'M99' und 'Schwarze Risse' wurden mehrfach polizeilich durchsucht, allein bei 'Schwarze Risse' gab es neun Durchsuchungen. Beschlagnahmt wurden diverse Flugblätter und Zeitschriften. (nähere Informationen unter www.unzensiert-lesen.de) Nun hat die Berliner Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, der Vorwurf: die Auslage gewisser Publikationen stelle eine öffentliche Anleitung zu Straftaten und einen Verstoß gegen das Waffengesetz dar. Ein erster Prozesstermin ist bereits anberaumt.
BuchhändlerInnen sollen also zukünftig für die Inhalte der Schriften haftbar gemacht werden, die sie vertreiben! Für die BuchhändlerInnen bedeutete dies nicht nur eine enorme rechtliche Verunsicherung, sie wären permanent von Kriminalisierung bedroht.
Ab wann gilt ein Zitat von Kurt Tucholsky als Volksverhetzung, ein Essay von Walter Benjamin als Verstoß gegen das Werbeverbot von Betäubungsmitteln, ein Roman von Elfriede Jelinek als die Menschenwürde verletzende Gewaltdarstellung?
Welcher Text, welches Flugblatt jeweils als "Aufforderung zu Straftaten" rechtlich geahndet wird, ist eine Frage der politischen Opportunität. Macht sich jemand strafbar, der dazu aufruft, einen Nazi-Aufmarsch zu blockieren? Gegen einen Castor-Transport zu demonstrieren? Einen Bauplatz zu besetzen, um ein Projekt wie Stuttgart 21 zu verhindern?
Geht es nach der Berliner Staatsanwaltschaft, sollen nicht nur Widerstandsformen der außerparlamentarischen Opposition zu Straftaten erklärt werden, sondern auch das Zugänglichmachen von Flugblätter und Zeitschriften, die dazu auffordern.
Neben den Berliner Buchläden wurde auch das Münchener Kafe Marat innerhalb der letzten Monate drei Mal durchsucht. Und linke Internet-Provider haben wegen gehosteter Internetseiten oder Flugblätter wiederholt Besuch vom Staatsschutz erhalten.
Von diesen Kriminalisierungsversuchen müssen sich alle betroffen fühlen, "die nicht einverstanden sind, und es auch noch wagen wollten, ihr Missfallen öffentlich kundzutun." (O. Tolmein)
Linke Gegenöffentlichkeit war immer Voraussetzung und unentbehrlicher Bestandteil sozialer Protestbewegungen. Die Geschichte der Versuche, sie durch Durchsuchungen, Razzien und Strafverfahren einzuschüchtern, zu drangsalieren und zu kriminalisieren, ist ebenso lang wie unrühmlich.
Wir protestieren aufs schärfste gegen die Repressionsmaßnahmen gegen linke Buchhandlungen und solidarisieren uns ausdrücklich mit den Betroffenen.
Wir fordern die sofortige Einstellung der Verfahren gegen die Berliner BuchhändlerInnen.
Wir fordern die kritische Öffentlichkeit auf, sich diesem Protest anzuschließen: Es geht um die Legitimität von Opposition. Darüber wird nicht in juristischen, sondern in politischen Auseinandersetzungen entschieden! Die Erklärung kann auf folgender Seite unterzeichnet werden:

www.unzensiert-lesen.de
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